Ausweichlösung
So wurden zum Beispiel als Ersatz für nicht beschaffbare Aluminiumbecher Elko-Gehäuse aus Polystyrol in der Teilefertigung des Betriebes selbst gespritzt und mehrere Jahre lang eingesetzt. Dadurch war es möglich, den besonders dringenden Bedarf an Elektrolytkondensatoren für die Radiogeräte-Industrie zu decken.
Glücklicherweise konnten aber einige wichtige Kondensator-Materialien bereits aus eigenem Aufkommen beschafft werden, wenngleich auch oft nur in bescheidenen Mengen und wenig befriedigender Qualität. So war es u.a. möglich, Kondensatorpapier im Oberlausitzer Feinpapierwerk Köbeln/Bad Muskau auf einer Papiermaschine zu produzieren.
Aluminiumfolie für Papier- und Elektrolytkondensatoren konnte aus dem Walzwerk Merseburg (später: VEB Alufolie Merseburg) beschafft werden und ein während des Krieges nach Neumark/Vogtl. verlagerter Betriebsteil der Norddeutschen Seekabelwerke Nordenham lieferte dringend benötigte Polystyrolfolie (Styroflex-Folie). Aus der chemischen Industrie kamen nach und nach die nötigen Imprägniermittel: Vaseline aus Lützkendorf, Glykol aus den Bunawerken Schkopau, Hartwachse, chlorierte Imprägnierwachse und Bitumen-Vergußstoffe aus anderen Chemiebetrieben. Borsäure der erforderlichen Reinheit für Elektrolytkondensatoren war jahrelang ein besonders schwieriges Problem - sie wurde zeitweilig als Rohprodukt aus Greiz-Dölau geliefert und mußte in einem aufwendigen Verfahren im Betrieb selbst durch Umkristallisieren gereinigt werden. Porzellandurchführungen für dicht verlötete Kondensatoren wurden im Elektroporzellanwerk Köppelsdorf/Sonneberg hergestellt, Glasdurchführungen mit eingeschmolzenen Feni-(Eisen-Nickel-)Röhrchen kamen aus Thüringer Glasbetrieben bzw. aus der Glühlampenindustrie. Die erforderlichen Stahlgehäuse und -becher wurden in der Teilefertigung aus Blech verschiedenster Qualität selbst hergestellt - Tiefziehbleche waren nicht beschaffbar. In der Teilefertigung standen neben Schlagscheren und Abkanteinrichtungen einige Puntkschweißmaschinen, Kniehebelpressen sowie ein Hartlötofen zur Verfügung. Damit waren die grundlegenden materiell-technischen Voraussetzungen für die Kondensatorenfertigung geschaffen, aber es verging kaum ein Tag und keine Woche, ohne daß an der einen oder anderen Stelle ein neuer Engpaß auftrat, die Fertigungsprogramme geändert und neu disponiert werden mußten - kurz, es war viel Geschick in der Planung und Leitung der Produktion und noch mehr Improvisation nötig, um schließlich die gewünschten Kondensatoren und Spulenkernbauelemente ausliefern zu können.
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